Die Redaktion des Fachmagazins FlugModell hat unseren ARTHUR mit dem Prädikat „Modell des Jahres 2018“ ausgezeichnet! Wir sagen Danke und sonnen uns in neuem Glanze:
Kühl ist es, gerade mal 7° C. Kein Wunder, 8:30Uhr MESZ an einem Juni-Tag, stahlblauer Himmel. Der Wind mäandert mit 3m/sec. die Westkante des Simmelsbergs (oberhalb von Gersfeld) empor. Was für ein Panorama. Wir schieben den Flügel in sein Element, die Wölbklappen leicht gesetzt. Etwas mehr Klappe geht noch, die ersten flachen Wenden bringen jetzt 3-5m Überhöhung. Das ortsansässige Gabelweyhen- Pärchen meint: “Prima, geht schon ohne Antrieb“ und gesellt sich hinzu. Ich liebe sie! Der „flotte Dreier“ einigt sich auf ca. 30m Höhe, um auf die erste „Blase“ zu warten. Diese gibt sich gegen 9 Uhr die Ehre und versetzt langsam aber sicher in den Rückraum. Die anstehende Aufgabe verlangt neben einem thermikaffinen Flügel mit neutralem Kreisflugverhalten eigentlich nur Ausdauer. Dann trennen sich unsere Wege. Die Freunde kümmern sich um ihr Frühstück. Wir legen den Flügel auf den Rücken und schiessen in den Vorraum, unhörbar wie immer, der gute Nurflügel „lärmt“ nicht. Kein Flug ohne Rolle! Der Wind hat aufgefrischt, zusammen mit eingelagerter Thermik geht es nun im Geradeausflug nach oben. Bisserl Fahrt aufnehmen, dann das Tiefenruder auf Anschlag. Der erste Außenloop wird noch unter ästhetischen Gesichtspunkten ausgesteuert, die nächsten drei sollen nur noch Bock machen. Yeah! (Warum die F-3J-Piloten immer so komisch gucken, wenn man „Nachmachen“ sagt?). Moderat nach oben mit den Wölbklappen und ab vor die Kante. Fliegen wir heute doch mal den „danish-Style“. Inzwischen bläst es richtig (12m/sec). Apropos „richtig“: richtig Spaß macht der Landeanflug nur auf dem Rücken: ab nach hinten, abschwingen, Wölbklappen 90° und absetzen. Böen? Was für Böen? Der erste Flug des Tages, was für ein Spaß! Wir freuen uns auf die folgenden Erlebnisse, ohne Auf-oder Abbleien, ohne den Flieger zu wechseln. Komme was da wolle! Liebe Freunde, der nicht spezialisiert ausgelegte Winglet-Pfeil ist für uns der Inbegriff des „guten allrounders“: er kann nichts perfekt, aber alles ziemlich gut! Darüber hinaus vermittelt er „Flugspaß pur“ in einem Maße, wie wir es ansonsten in dreißig Jahren noch nicht erlebt haben.
Von Trieblingen und sonstigem Gedöns ZFP
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MARVIN – ein Bericht von Wolfgang Wallner. Klick hier!
Klappe- die erste…Hier lesen
Vorstellungswandel in der Auslegung des rückgepfeilten Winglet-Nurflügels
Dieses ist der Versuch einige zentrale Elemente unserer NF-Konstruktionsphilosophie in möglichst einfachen „Motiven“ zu schildern. Wer wir sind, woher wir kommen und womit wir uns in den letzten Jahrzehnten die Zeit vertrieben haben ist am einfachsten auf unseren Internet-Seiten nachlesbar (www.zanonia-flyers.de, „Geschichte und Geschichten“).
Da wir uns im Jahr des Reformationsjubiläums befinden wählen wir das Stilmittel der Formulierung von THESEN (keine Angst, 95 derselben werden es nicht ). Ob und wo Ihr diese vielleicht anzuschlagen gedenkt bleibt Euch überlassen. Im Folgenden gehen wir davon aus, daß sich die meisten der bisherigen „Auslegungsgewißheiten“ für rückgepfeilte Winglet-NF der Orientierung an Märchen und Mythen und ideologischen Vorurteilen (incl. unpassender Rechenverfahren) verdanken. Zum Nachweis sollen einige, besonders „stabile“ Glaubensgewißheiten anhand unserer Erfahrungen überprüft werden. Ich beziehe mich dabei stets als Referenz auf unsere hochgepfeilten (30°), mäßig geschränkten (-3,5° bis -5,5°) und mit Rechteckflügel versehenen Winglet-Pfeile.
Die „Sinn-Frage“ (warum überhaupt Nurflügel?) wird weder gestellt noch beantwortet . Auch dazu findet Ihr etwas auf unseren Internet-Seiten…
Also, nehmt allen euren Mut zusammen, setzt die schwarzen Ray-Ban-Sun-glasses auf und laßt uns hinuntersteigen in das Ossuarium der sicher geglaubten Gewißheiten… gleich oben rechts im ersten Regal, erstes Gewölbe links, findet sich dieses…
„…der biege-und torsionssteife Bau eines Winglet-Pfeils verlangt unabdingbar den Einsatz von high-tech (CfK/GfK)!
Völlig falsch, zurück mit dem alten Schädel. Unsere Flügel werden seit Jahren auf Basis CNC-geschnittener Hartschaum-Kerne mit 0,6mm Flugzeugsperrholz höchster Qualität aufgebaut, Prototypen zur Profilerprobung ohne JEDEN Gewebeeinsatz! Wenn wir heute CfK ergänzen, dann weil es sinnvoll, nicht weil es notwendig ist! Wir wissen dieses, weil wir seit 2016 alle Prototypen im Lastgeschirr prüfen.
THESE 1: WINGLET-PFEILE LASSEN SICH UNTER EINSATZ KONVENTIONELLER MATERIALIEN UND METHODEN BEI HOHER PROFILTREUE, HOHER ALLTAGSTAUGLICHKEIT UND GUTER GEWICHTSBILANZ BIEGE-UND TORSIONSSTEIF REALISIEREN
Der nächste Knochen ist unter einer veritablen Staubschicht verborgen. Egal, Masken aufsetzen und pusten…
„… der Winglet-Pfeil ist im Hochstart eine Zicke!“
Wir warten, bis sich der Staub gelegt hat. Falsch seit 1988! Mit dem CO2 hatten wir empirisch, dank Martin Hepperle seit Anfang der 90er Jahre auch theoretisch verstanden, worin gewisse Hochstartprobleme gründeten. Seit dieser Zeit hat keine unserer Auslegungen mehr „propellert“ oder andere Unarten gezeigt. Die von uns damals angewandte „V-Fesselung“ sollte übrigens nie aerodynamische, sondern stets aeroelastische Probleme lösen (Einleitung der Windenlast direkt in beide Halbspannweiten).
THESE 2: DER EFFEKTIVE HOCHSTART MITTELS ZENTRALHAKEN STELLT EINE DER PARADEDISZIPLINEN DES WINGLET-PFEILS DAR. HIERZU GEHÖRT AUCH DIE OPTION DES „AUSBRECHENS“ ZUR WINDRICHTUNGSOPTIMIERUNG!
Vor uns steht eine Eichenkiste, könnte sich um Hüftknochen handeln, noch neueren Datums…
„ … alle diese Teile sind nicht richtig zu landen, jedenfalls nicht dort, wo sie hinsollen!“
Schnell wieder den Deckel drauf, boah, was staubt das schon wieder!
Tja, „Fliegen heißt landen“, auch wenn in gewissen F-3-X-Sportarten heute nicht gelandet, sondern „eingeputtet“ wird. Im Pflichtenheft unserer BUSSARD-Entwicklung stand: „Extreme Abstiege, auch im Auftriebsbereich eines Hanges sowie Punkt-Landeeigenschaften, auch unter Seitenwindbedingungen, müssen gewährleistet sein“. Geht man systematisch an die Sache heran ist das nicht so schwierig. Die WK wird momentenfrei ausgelegt, eine effektive Anlenkung ermöglicht 90°- Ausschläge, der Abstiegspfad wird über das TR gesteuert.
THESE 3: DIE PUNKTLANDUNG GEHÖRT ZU DEN PARADEDISZIPLINEN DES WINGLET-PFEILS
Unser Weg durch das Ossuarium der sicher geglaubten Gewißheiten knickt scharf nach rechts ab, auf einmal erscheinen die Gebeine und ihre Botschaften in seltsamem Zwielicht, so als würden aus weiter Ferne Computerbildschirme die Szenerie illuminieren…
„… Winglet-Pfeile können aufgrund konstruktiver Notwendigkeiten niemals die Auftriebswerte ähnlicher Leitwerks-Konstruktionen erzielen. Vergleichbare Sinkleistungen/Hochstarthöhen bleiben damit Zukunftsmusik.“
Das ist eine Skeptiker-Gewißheit, die es verdient ernst genommen zu werden. Wir behandeln die dazugehörigen Schädel also mit Achtung und Respekt; und legen sie nur abgestaubt und leicht nachpoliert zurück ins Regal. Allerdings führen wir den Kern dieses Argumentes, die „Konstruktive Bedingtheit“, auch gar nicht weiter aus. Stattdessen interessieren wir uns für Geschichte: jahrzehntelang haben sich NF- Konstrukteure immer an der „Leitkultur Leitwerkler“ orientiert:
Flog der F-3-Bler 1,5% Profilwölbung und 8% Dicke, na gut, dann machten wir das auch! Leider gab es keine Pokale für den Versuch mit den Konstruktionskriterien eines Formel-1 den ultimativen Geländewagen zu bauen .
Im Frühsommer 2016 opferten wir drei Monate Lebenszeit, um in systematischen Versuchen durch Anstrichbilder Wandstromlinien-Verläufe unserer Flügel zu visualisieren. (Unterstellt wird, daß Wandstromlinien eine Kopplung von Grenzschicht- und Potentialströmung abbilden). Wir hatten die Nase voll davon, uns von irgendwelchen Rechenverfahren (implizit) erzählen zu lassen, wie denn nun die Umströmung unserer Flügel aussähe (Flugrichtung, orthogonal, „haste nicht gesehen…“) (Vgl.: AUFWIND 5/2016, „Strömungsimpressionen“)
Die Ergebnisse waren bahnbrechend und wurden folglich nicht zur Kenntnis genommen – sie gefährdeten ja liebgewonnene Gewißheiten: die tatsächliche Umströmung unserer Flügel läuft bis über 60% der Halbspannweite hinaus diagonal nach außen ab.
Dieses führt zu einer Entwölbung/Verdünnung der tatsächlich „wirkenden“ Profile gegenüber den an der Flügelwurzel eingesetzten um bis zu 20%! Man kann auch sagen: wir sind immer mit einem selbstverschuldeten Handicap angetreten. Flügel, die diesem Sachverhalt nun Rechnung tragen, heißen bei uns seitdem WSLOP ©-Flügel.
THESE 4: EINE WANDSTROMLINIENOPTIMIERTE PROFILAUSWAHL UND-ORIENTIERUNG (WSLOP) KANN DEN WINGLET-PFEIL IN BISLANG UNGEAHNTE LEISTUNGSBEREICHE FÜHREN
Oh haua,haua,ha! Und weit und breit keine Jausen-Station in Sicht. Wir müssen weiter. Kalter Odem schlägt uns entgegen. Wir erreichen die Kammer der Erzsünder, die Wände sind mit Ablaßzetteln tapeziert. Die Deutlichkeit der Botschaft ist nicht zu übertreffen, zumal sie von einem Gebrüder Horten-Avatar überbracht wird…
„… und so werdet ihr keine Winglet-Auslegung finden, die über einen weiten Anstellwinkelbereich des Flügels hinweg (Widerstands-) Vorteile gegenüber einem WL-losen Flügel versprechen könnte“!
Treffer! Winglets, endlich einmal kein Mythos, kein ideologisches Vorurteil! Und zwar völlig egal, welches Profil, welche Vor- oder Nachspur dort verwendet wird.
Erinnern wir uns: von jeher sollte das WL als „Allzweckwaffe“ dienen. Einerseits als vertikale Stabilisierungsfläche das Seitenleitwerk ersetzen, andererseits als Randscheibe den induzierten Widerstand des Flügels reduzieren, indem der Druck-Sog-Ausgleich am Randbogen widerstandsgünstig gestaltet wird. Denn verhindert werden kann und soll er nicht! Aber solange der Flügel Auftrieb produziert und eine Randbogen-Umströmung stattfindet beaufschlagt diese ein wie auch immer geartetes WL mit einem Anstellwinkel. Und schon erzeugt es Auftrieb-und Widerstand. Und egal, wie man es auslegt oder einstellt: „passen“, wirklich passen tut es für alle Flugaufgaben praktisch nie. Es sei denn…
Zeitgleich mit der Erprobung unserer ersten BUSSARDE entwickelten wir ein Pendel-WL mit symmetrischem Profil. Von nun an ließ sich das WL nicht nur verschiedenen Flugphasen anpassen – es ließen sich diese auch durch das Winglet einstellen! Und so hätte alles gut sein können. Aber genauso wie der 6-Klappen-Flügel an unserem CO8 erwies sich auch das Pendel-WL als meilenweit von der Alltagstauglichkeit entfernt, es sollte einen anderen Weg geben. Und so haben wir mit Hilfe des DSA-WL-Fußes die WL-Funktionen „Reduktion des induzierten Widerstandes“ und „vertikale Stabilisierungsfläche“ weitestgehend voneinander zu entkoppeln versucht.
THESE 5: DER EINSATZ UNSERER DSA ©-WINGLETS VERBESSERT DAS ÜBERZIEHVERHALTEN UNSERER WL-PFEILE, HARMONISIERT DIE EINFLÜSSE EXTERN INDUZIERTER ANSTELLWINKEL-SCHWINGUNGEN UND ERHÖHT DAS CA-MAX DES GESAMTFLÜGELS
Bevor sich das Grauen vollends unserer armen Seelen bemächtigt treten wir den Rückweg an. Die Kammern der „Schwerpunktrücklagen“ und der „Je leichter desto länger oben“- Gebeine lassen wir links liegen. Auf die Widerlegung dieser Botschaften bezieht man in China längst Rente. Welche Wohltat, sich den aufsteigenden Stufen der mit Brettern ausgelegten Wendeltreppe hingeben zu können. Und jetzt die Oberfläche, herunter mit Brillen und Staubmasken: wir sehen das Licht…!
Hans-Jürgen Unverferth
(p.s.: dieser Text ist zuerst als Beitrag für den „open space“ der österreichischen IGNF entstanden. Er gibt ausschließlich die Auffassung des Unterzeichners wieder. Die praktische Operationalisierung der hier vorgestellten Thesen findet sich in unseren „Hinweisen…“, vgl. „Produkte und Zubehör“)
Können Sie alles das von Ihrem Sportgerät auch behaupten, so sollten Sie hier nicht mehr weiter lesen. Ansonsten hüten Sie sich vor dem „diskreten Charme“ des Nurflügels, ihm sind schon viele erlegen. Diagnose: unwiderstehlich!